Was ist eine Erbengemeinschaft?
Der Verlust eines geliebten Menschen ist immer ein schwerer Schlag. Leider gesellt sich neben den Schmerz des Verlustes auch häufig ein Streit um das Erbe oder den Umgang mit diesem. Eine hierbei häufig anzutreffende Konstellation ist die Erbengemeinschaft.
Doch was ist diese Erbengemeinschaft eigentlich. Wie stehen deren Mitglieder im Verhältnis zueinander und welche Rechte und Pflichten haben sie?
Im Rahmen einer Erbengemeinschaft kommt es häufig zu Unstimmigkeiten und Problemen. Als Anwalt für Erbrecht helfe ich Ihnen dabei, ihre Rechtspositionen zu schützen und kann durch die Anregung klarer Regelungen dazu beitragen, zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden.
Inhaltsverzeichnis:
- 1. Was ist eine Erbengemeinschaft?
- 2. Wie kann der Erblasser Streit unter seinen Erben vermeiden?
- 3. Wie ist die Haftung in der Erbengemeinschaft verteilt?
- 4. Was geschieht, wenn ein Miterbe der Erbengemeinschaft verstirbt?
- 5. Kann ich aus der Erbengemeinschaft austreten?
- 6. Kann ich als Miterbe alleine für die Erbengemeinschaft handeln?
- 7. Kann ich als Miterbe die Erbengemeinschaft dazu zwingen, in meinem Sinne tätig zu werden?
- 8. Gibt es einen Erbschein und wer erhält diesen?
- 9. Wie lange besteht eine Erbengemeinschaft?
- 10. Ist die Auseinandersetzung des Erbes jederzeit möglich?
- 11. Was geschieht mit dem Ertrag aus dem Erbe vor der Auseinandersetzung?
- 12. Fazit
1. Was ist eine Erbengemeinschaft?
Eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn der Erblasser verstirbt und mehrere Erben hinterlässt. Es ist unerheblich, ob er diese durch ein Testament eingesetzt hat oder ob die gesetzliche Erbfolge greift.
Diesen fällt gem. § 2032 BGB das gesamte Erbe ungeteilt gemeinschaftlich an. Sie bilden daher ohne eigene Mitwirkung eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft. Ihnen gehören daher nicht individuell einzelne Gegenstände aus der Erbschaft, sondern das gesamte Erbe gehört jedem zu einem gewissen Anteil.
Daher kann nur die gesamte Erbengemeinschaft gemeinschaftlich einzelne Gegenstände verkaufen oder anderweitig über diese verfügen.
Durch diese Erbengemeinschaft entsteht ein Sondervermögen, dessen Träger die Gesamtheit der in der Erbengemeinschaft verbundenen Erben ist. Jedoch ist die Erbengemeinschaft keine Personengesellschaft, da diese nicht durch einen Vertrag zustande kommt, sondern kraft Gesetzes. Auch verfolgen die Beteiligten keinen gemeinsamen Zweck, da die Gemeinschaft lediglich auf die Auseinandersetzung des Erbes gerichtet ist. Daher ist sie auch nicht (teil-)rechtsfähig.
2. Wie kann der Erblasser Streit unter seinen Erben vermeiden?
In Erbengemeinschaften kommt es häufig zum Streit, da die genaue Auseinandersetzung des vorhandenen Erbes Probleme aufwirft. Dem kann der Erblasser vorbeugen, indem er diese Aufteilung bereits detailliert in einem Testament regelt. Er kann dort genau bestimmten, wer welche Rechte und Vermögenspositionen erhält und welche Pflichten ggf. damit verbunden sind.
Zudem kann der Erblasser durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers sicherstellen, dass sein letzter Wille auch tatsächlich umgesetzt wird.
Hierzu empfiehlt es sich, die Erstellung des Testaments mit Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts für Erbrecht vorzunehmen. Dieser kann unter Berücksichtigung der bestehenden Rechtsprechung dafür sorge tragen, dass sich die Wünsche des Erblassers auch zweifelsfrei im Testament niederschlagen.
3. Wie ist die Haftung in der Erbengemeinschaft verteilt?
Nicht selten liegen auf einem Erbe auch Schulden. Es ist daher ratsam, sich möglichst schnell einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen und im Falle einer Überschuldung das Erbe innerhalb der 6-Wochen Frist auszuschlagen.
Ist es innerhalb dieser Frist nicht möglich, sich einen Gesamtüberblick zu verschaffen, so kann mit der Dreimonatseinrede gem. § 2014 BGB der Zeitraum verlängert werden, um - falls notwendig - spätere Haftungsbeschränkungen realisieren zu können.
In der Erbengemeinschaft haften alle Miterben als Gesamtschuldner gem. § 2058 BGB, also zu gleichen Teilen. Auf den jeweiligen Anteil am Erbe kommt es also insoweit nicht an.
Jeder Miterbe hat jedoch bis zur Teilung des Erbes die Möglichkeit, diese Haftung gem. § 2059 BGB auf seinen Anteil am Erbe zu begrenzen. Demnach haftet er nur mit seinem Erbe für bestehende Schulden. Sein darüber hinaus bestehendes Vermögen bleibt dann geschützt. Macht er von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch, so haftet er uneingeschränkt auch mit seinem sonstigen Vermögen.
Nach der Teilung des Erbes haftet jeder Miterbe nur noch für seinen Teil des Nachlasses gemäß § 2060 BGB.
4. Was geschieht, wenn ein Miterbe der Erbengemeinschaft verstirbt?
Verstirbt ein Miterbe, so gehen seine Anteile an der Erbengemeinschaft auf seine Erben über. Dadurch kann sich die Anzahl der Personen in der Erbengemeinschaft erheblich erhöhen.
5. Kann ich aus der Erbengemeinschaft austreten?
Ja. Es ist möglich, seinen Anteil an die Erbengemeinschaft zu verkaufen. Hierbei haben die Miterben zunächst ein Vorkaufsrecht gem. § 2024 BGB. Es ist daher möglich, im Rahmen einer sogenannten Abschichtung, gegen eine Abfindung aus der Erbengemeinschaft auszuscheiden. Hierbei handelt es sich nicht um einen Verkauf, sondern um eine Teilauseinandersetzung. Die Erbanteile wachsen dann den Miterben an.
Verkauft der Miterbe seine Anteile an der Erbengemeinschaft, ohne die Miterben hierüber zu informieren, können diese von ihrem Vorkaufsrecht auch gegenüber dem Käufer Gebrauch machen.
Wenn die Miterben von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch machen möchten, kann der Miterbe seine Anteile verkaufen. Durch die Übertragung seiner Anteile an den Käufer tritt dieser an seine Stelle.
6. Kann ich als Miterbe alleine für die Erbengemeinschaft handeln?
Grundsätzlich können die Miterben nur gemeinschaftlich über das Erbe verfügen. Die Verwaltung des Erbes steht ihnen ebenso gemeinschaftlich zu. Hierbei ist jedoch jeder Miterbe verpflichtet, maßregelnd zur ordnungsgemäßen Verwaltung mitzuwirken.
Jedoch können auch die notwendigen Maßnahmen, welche zur Erhaltung des Erbes nötig sind, von jedem Miterben einzeln - ohne Mitwirkung der anderen - getroffen werden. Insbesondere wenn es darum geht, Gefahren für das Erbe abzuwehren.
Zudem besteht die Möglichkeit, eine Person als verantwortlichen Verwalter zu bestimmen, welcher sich um die Verwaltung des Erbes kümmert.
7. Kann ich als Miterbe die Erbengemeinschaft dazu zwingen, in meinem Sinne tätig zu werden?
Es kommt darauf an. Grundsätzlich steht die Verwaltung des Erbes der Erbengemeinschaft gemeinschaftlich zu. Das heißt, sämtliche Maßnahmen und Verfügungen, die das Erbe betreffen, bedürfen der Zustimmung sämtlicher Miterben. Handelt ein einzelner Miterbe ohne diese Zustimmung, macht er sich schadensersatzpflichtig, sowohl gegenüber den anderen Miterben als auch gegenüber seinem Vertragspartner, soweit ein solcher besteht.
Allerdings sind die Miterben dazu verpflichtet, zu Maßnahmen, welche zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Erbes erforderlich sind, ihre Zustimmung zu erteilen. Verweigern Sie dies, besteht die Möglichkeit, gerichtlich gegen diese vorzugehen. Da die Erbengemeinschaft nicht rechtsfähig ist, muss diese Klage jedoch gegen jeden Miterben Einzelnen gerichtet werden.
Auch wenn die Auseinandersetzung von einem einzelnen Miterben angestrebt wird, kann er dies jederzeit verlangen, soweit nicht gesetzliche Gründe oder eine Verfügung des Erblassers entgegenstehen. In der Praxis gestaltet sich die Durchsetzung der Auseinandersetzung jedoch schwierig, wenn sich einer der Miterben stur stellt.
8. Gibt es einen Erbschein und wer erhält diesen?
Ein Erbschein kann entbehrlich sein, wenn einer der Miterben bereits im Testament zur Vornahme bestimmter Geschäfte, die das Erbe betreffen, bevollmächtigt worden ist.
Ist dies nicht der Fall, ist ein Erbschein zwingend notwendig, beispielsweise um Berichtigungen im Grundbuch vorzunehmen. Aber auch für sonstige Geschäftshandlungen wie gegenüber Banken ist ein Erbschein eine erhebliche Erleichterung.
Es gibt die Möglichkeit, einen gemeinschaftlichen oder einen Teil-Erbschein zu beantragen. Der gemeinschaftliche Erbschein nennt die Namen sämtlicher Miterben der Erbengemeinschaft mit ihren jeweiligen Quotenanteilen. Er steht der Erbengemeinschaft gemeinschaftlich zu.
Der Teil-Erbschein umfasst jeweils nur den einzelnen beantragenden Miterben mit dessen Quotenanteil am Erbe. Dieser steht dementsprechend dem jeweils beantragenden Miterben alleine zu.
9. Wie lange besteht eine Erbengemeinschaft?
Eine Erbengemeinschaft besteht bis zu ihrer Auseinandersetzung. Das ist der Zeitpunkt, indem das gesamte Erbe entsprechend einer erzielten Einigung auf die einzelnen Miterben aufgeteilt wird.
Ist es der Erbengemeinschaft nicht möglich, sich zu einigen, so hat jeder Miterbe das Recht auf eine formelle Teilung des Nachlasses. So kann beispielsweise eine Teilversteigerung von Immobilien gegen die Erbengemeinschaft erzwungen werden. Auch ist es möglich, eine gerichtliche Anordnung zum Verkauf einzelner Gegenstände aus dem Erbe zu erwirken. Die daraus resultierenden Einnahmen werden dann - nach Abzug der Verbindlichkeiten - auf die Miterben entsprechend ihrer Quote verteilt.
Letztlich besteht noch die Möglichkeit der Abschichtung. Hier scheidet der Miterbe gegen eine Abfindung aus der Erbengemeinschaft aus. Sein Anteil wächst dann den verbliebenen Miterben an. Dies ist jedoch wiederum nur mit Zustimmung der Miterben möglich. Stellen diese sich quer, bleibt noch die Möglichkeit, den eigenen Erbanteil zu verkaufen.
Es kann jedoch in einigen Konstellationen sinnvoll sein, die Erbengemeinschaft dauerhaft fortzuführen, beispielsweise wenn das Erbe in einem Unternehmen besteht und dieses fortgeführt werden soll.
10. Ist die Auseinandersetzung des Erbes jederzeit möglich?
Grundsätzlich entscheidet die Erbengemeinschaft selbst, zu welcher Zeit Sie die Aufteilung des Erbes vornehmen will. Jedoch kann jeder Miterbe die Auseinandersetzung fordern und auch gegen den Willen der Miterben durchsetzen, wenn nicht zuvor eine entgegenstehende Vereinbarung getroffen wurde. So können sich die Miterben auch darauf verständigen, eine Auseinandersetzung für eine bestimmte Zeit oder dauerhaft auszuschließen.
Allerdings ist es auch möglich, dass gesetzliche Gründe oder eine Verfügung des Erblassers entgegenstehen. So kann es möglich sein, dass ein erbberechtigtes Kind noch nicht geboren wurde oder ein Antrag auf Kindesannahme noch nicht abschließend entschieden ist. Da dadurch die Erbquoten beeinflusst werden, sieht das Gesetz einen Aufschub der Auseinandersetzung vor, bis zu dem Zeitpunkt, an dem letztlich Klarheit über die Erbquoten herrscht.
Auch kann die Erbauseinandersetzung durch eine letztwillige Verfügung des Erblassers für die Dauer von bis zu 30 Jahren ausgesetzt werden. Auch in diesen Fällen ist eine frühere Auseinandersetzung nicht möglich.
11. Was geschieht mit dem Ertrag aus dem Erbe vor der Auseinandersetzung?
Resultieren aus dem Erbe regelmäßige Erträge, so werden diese Bestandteil des Erbes und gehören somit gemeinschaftlich der Erbengemeinschaft. Die Erträge werden bei der Auseinandersetzung - entsprechend der bestehenden Quoten - verteilt.
Kommt es nicht innerhalb eines Jahres zu einer Auseinandersetzung oder zieht sich eine solche gar über mehrere Jahre hin, kann am Ende jedes Jahres eine Aufteilung der Erträge - gemäß der bestehenden Quoten - durch jeden Miterben gefordert werden.
12. Fazit
- Eine Erbengemeinschaft entsteht kraft Gesetzes, wenn der Erblasser mehrere Erben hinterlässt, denen das Erbe als Gemeinschaftseigentum anfällt (Gesamthandsgemeinschaft). Sie ist nicht rechtsfähig und kann daher nicht vor Gericht klagen oder verklagt werden.
- Der Erblasser kann Streit vermeiden, indem er die Aufteilung des Erbes im Testament bereits detailliert regelt oder eine objektive Person als Testamentsvollstrecker einsetzt.
- Die Erbengemeinschaft haftet nach den Grundsätzen der Gesamtschuldnerhaftung jeweils zu gleichen Teilen. Auf den Quotenanteil kommt es insoweit nicht an.
- Verstirbt ein Miterbe, werden dessen Erben Teil der Erbengemeinschaft.
- Es ist möglich, sich aus der Erbengemeinschaft durch Abschichtung oder Verkauf des Erbanteils zu lösen.
- Die Erbengemeinschaft kann nur gemeinschaftlich über das Erbe verfügen. Maßnahmen, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Erbes gehören, können jedoch von jedem Miterben einzeln vorgenommen werden.
- Die Miterben sind dazu verpflichtet, ihre Zustimmung zu Maßnahmen, welche zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Erbes notwendig sind, zu geben. Verweigern Sie dies, kann gerichtlich gegen die Miterben vorgegangen werden.
- Es gibt einen gemeinschaftlichen Erbschein, welcher der Erbengemeinschaft insgesamt zusteht und einen Teilerbschein, welcher jedem Betroffenen einzeln zusteht.
- Die Erbengemeinschaft besteht bis zur vollständigen Auseinandersetzung des Erbes.
- Die Erbauseinandersetzung kann durch Vereinbarung der Miterben durch Gesetz oder durch letztwillige Verfügung des Erblassers aufgeschoben werden.
- Erträge aus dem Erbe vermehren dieses und werden bei der Auseinandersetzung gemäß der Quote aufgeteilt. Findet eine Auseinandersetzung nicht statt, können diese Erträge jährlich nach gemäß der Quote unter den Miterben aufgeteilt werden.
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Lothar Bücherl
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