Vermächtnis: Unterschied zwischen vermachen und vererben
Die Regelung des eigenen Nachlasses ist eine sensible Angelegenheit, die gut durchdacht werden sollte. Im deutschen Erbrecht gibt es hierzu vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. So besteht die Möglichkeit, eine bestimmte Person mit einem Vermächtnis zu bedenken, anstatt diese als Erben einzusetzen.
Wer die vorhandenen Möglichkeiten und Instrumente nutzt, der kann seinen Nachlass detailliert regeln und gleichzeitig eine mögliche Steuerlast minimieren. Da es in der deutschen Rechtssprache auf jedes Detail ankommt, sollte die Unterstützung eines erfahrenen Rechtsanwalts in Anspruch genommen werden. Es muss sichergestellt sein, dass die Formulierungen klar sind und keinen Interpretationsspielraum offenlassen. Andernfalls kann es schnell zu Streit unter den Nachlassempfängern kommen.
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Inhaltsverzeichnis:
- Was ist der Unterschied zwischen Vermächtnis und Erbe?
- Welche Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet das Vermächtnis?
- Was ist der Unterschied zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis?
- Worauf muss bei der Formulierung geachtet werden?
- Was gilt es bei einem Vermächtnis zu beachten?
- Muss auf ein Vermächtnis die Erbschaftssteuer gezahlt werden?
- Kann der Anspruch auf ein Vermächtnis verjähren?
1. Was ist der Unterschied zwischen Vermächtnis und Erbe?
Der Erbe wird zum Rechtsnachfolger des Erblassers. Er tritt in dessen Fußstapfen, also in all seine bestehenden Rechtsbeziehungen mit allen Rechten und Pflichten. Das heißt insbesondere, dass der Erbe dazu verpflichtet ist, auch für die bestehenden Schulden aufzukommen.
Im Gegensatz dazu erhält der Vermächtnisnehmer lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben auf Herausgabe des Vermächtnisgegenstandes. Als Vermächtnisgegenstand kommen nicht nur Sachen infrage, sondern auch Geldbeträge oder Rechte, beispielsweise Urheberrechte oder ein eingetragenes Nießbrauchsrecht bezüglich einer Immobilie. Das heißt konkret, dass bestehende Schulden den Vermächtnisnehmer grundsätzlich gar nicht betreffen.
Eine Ausnahme hierzu besteht nur, wenn der Vermächtnisgegenstand mit einer Schuld belastet ist, beispielsweise, wenn auf einer Immobilie eine eingetragene Grundschuld besteht. Denn es besteht kein Anspruch auf eine lastenfreie Übertragung. In einem solchen Ausnahmefall muss der Vermächtnisnehmer auch die auf dem Vermächtnisgegenstand lastende Schuld tragen.
2. Welche Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet das Vermächtnis?
Da der Vermächtnisnehmer lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch erhält, kann dieses Instrument in vielfältiger Weise eingesetzt und ausgestaltet werden. Insbesondere kann damit eine Zuwendung an eine Dritte Personen, wie etwa enge Freunde, gemacht werden, die selbst kein Erbe werden soll. Dadurch kann etwa erreicht werden, dass bestimmte Erinnerungsstücke nicht durch die Erbengemeinschaft aufgeteilt oder gar verkauft werden, sondern bei der bedachten Person verbleiben. Ebenso ist es möglich, wohltätige Organisationen mit einem Vermächtnis zu unterstützen.
Weiter ist es möglich, durch ein Vorausvermächtnis bestimmte Erben besonders zu bevorzugen. Eine Bevorzugung ist möglich, wenn angeordnet wird, dass der betreffende Erbe zusätzlich ein solches Vorausvermächtnis erhalten soll und für dieses keinen Ausgleich an die übrigen Erben leisten müssen. Gerade bei solchen Konstellationen ist eine klare und genaue Formulierung unverzichtbar.
Darüber hinaus kann der Erblasser das Vermächtnis auch unter bestimmte Auflagen stellen oder von Bedingungen abhängig machen. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind hierbei weitgehend frei. Die Grenze der Gestaltungsmöglichkeiten wird dadurch gezogen, dass die Regelung nicht gegen die guten Sitten verstoßen darf. Die guten Sitten sind definiert als das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden. Pauschal lässt sich nicht sagen, wo diese Grenze verläuft. Daher sollte für eine rechtssichere Gestaltung die Beratung eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen werden.
3. Was ist der Unterschied zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis?
Wenn der Erblasser konkret bestimmt, wie der vorhandene Nachlass konkret unter den Erben aufzuteilen ist, dann liegt eine Teilungsanordnung vor. Diese hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Erbquote. Mit der Teilungsanordnung kann sichergestellt werden, dass bestimmte Erben bestimmte Erinnerungsstücke erhalten.
Die Herausforderung bei der Anwendung einer Teilungsanordnung liegt darin, die Aufteilung so weit als möglich an der Erbquote auszurichten. Jedoch gelingt es in den seltensten Fällen, dass bei der Aufteilung von Gegenständen erreicht werden kann, dass die Jeder den genauen Anteil an seiner Erbquote erhält. Daher wird es in diesen Fällen regelmäßig zu einer Ausgleichspflicht in Form einer Geldzuwendung unter den Erben kommen.
Der Unterschied zu einem Vorausvermächtnis besteht nun darin, dass bei diesem eine solche Ausgleichspflicht nicht besteht. Bei einem Vorausvermächtnis zählt der Vermächtnisgegenstand nicht zu der aufzuteilenden Erbmasse, sondern wird isoliert betrachtet. Im Ergebnis wird daher durch dieses Instrument die Erbquote zwar nicht rechtlich, aber faktisch verändert, weil der Vermächtnisempfänger mehr aus dem Gesamtnachlass bekommt als die übrigen Erben.
4. Worauf muss bei der Formulierung geachtet werden?
Das Erbrecht ist eine hochsensible Angelegenheit. Das Grundproblem bei der Aufteilung des Erbes besteht darin, dass der Erblasser nicht mehr zu seinen Aufteilungsvorstellungen befragt werden kann. Deswegen ist es wichtig, die Formulierungen so konkret und genau als möglich zu fassen. Ein weiteres Problem ist, dass sich die Umgangssprache und die Rechtssprache in Deutschland deutlich unterscheiden können.
Das Erbschaftsgericht wird die letztwillige Verfügung lesen und durch Auslegung deren Inhalt ermitteln. Hierzu stellt es eine Gesamtbetrachtung aller Äußerungen und Umstände an. Denn aus der Formulierung „Ich vermache mein Haus an den A“ können sich mehrere verschiedene Deutungen ergeben. Diese Regelung kann in mehrere Richtungen ausgelegt werden. Möglich wären in diesem Beispiel etwa:
- ein Vermächtnis
- ein Vorausvermächtnis
- eine Erbeinsetzung
- eine Erbquotenbestimmung
- eine Teilungsanordnung
Das Erbschaftsgericht muss daher zunächst anhand der Gesamtumstände ermitteln, was konkret gemeint war. Auch die Vorstellungen der jeweiligen Nachlassempfänger wird erfahrungsgemäß weit auseinandergehen. Daher ist es sinnvoll, sich bei der Formulierung des letzten Willens von einem im Erbrecht tätigen Anwalt unterstützen zu lassen, um späteren Zwist unter den Nachlassempfängern zu vermeiden.
5. Was gilt es bei einem Vermächtnis zu beachten?
Häufig wird übersehen, dass mit einem Vermächtnis auch untrennbare Begleitfragen einhergehen. Das wohl häufigste Beispiel in der Praxis ist die Frage der Übertragungskosten einer Immobilie. Da der Vermächtnisnehmer kein Erbe ist, muss der Erbe die Immobilie erst an den Vermächtnisnehmer übertragen. Mit dieser Übertragung fallen auch immer Notar- und Grundbuchkosten an. Darüber hierzu kann der Erblasser eine Regelung treffen, wer diese Kosten zu tragen hat. Wurde keine solche Regelung getroffen, muss die Übertragungskosten regelmäßig der Erbe aus der Erbmasse bezahlen.
Das heißt konkret, dass durch die Kosten der Übertagung des Vermächtnisses die aufzuteilende und zu versteuernde Erbmasse geschmälert wird.
6. Muss auf ein Vermächtnis die Erbschaftssteuer gezahlt werden?
Ja, auch wenn das Vermächtnis keine Erbeinsetzung ist, muss die Erbschaftssteuer gezahlt werden. Denn diese bezieht sich nicht, wie man aufgrund der Bezeichnung meinen könnte, nur auf das Erbe. Erfasst ist vielmehr jede unentgeltliche Übertragung des Nachlasses auf einen Nachlassempfänger.
7. Kann der Anspruch auf ein Vermächtnis verjähren?
Wie jeder schuldrechtliche Anspruch unterliegt auch der Anspruch auf ein Vermächtnis der Verjährung. Verjährung bedeutet, dass nach dem Ablauf einer bestimmten Zeitspanne der vorhandene schuldrechtliche Anspruch nicht mehr gegen den Schuldner durchgesetzt werden kann, wenn sich dieser auf Verjährung beruft.
Das heißt konkret, wer zu lange mit der Geltendmachung seines Vermächtnisanspruchs wartet, läuft Gefahr, diesen Anspruch nicht mehr durchsetzen zu können. Die Dauer der Verjährungsfrist hängt davon ab, worauf der Vermächtnisanspruch gerichtet ist.
Besteht das Vermächtnis in einer Immobilie, dann beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. In allen anderen Fällen kommt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren zum Tragen. Die Frist beginnt am Ende des Jahres zu laufen, in dem der Vermächtnisnehmer von dem Vermächtnis erfährt.
Zu beachten ist jedoch auch eine Höchstfrist von 30 Jahren seit dem Erbfall, also dem Tod des Erblassers. Sind seit diesem Zeitpunkt mehr als 30 Jahre verstrichen, können keine Ansprüche mehr gegen die Erben durchgesetzt werden. Das gilt auch dann, wenn der Vermächtnisberechtigte erst nach dem Verstreichen dieser Frist von dem Vermächtnis erfährt.
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Lothar Bücherl
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