Erbrecht bei Landwirten – das müssen Sie über die Höfeordnung wissen
Im Erbrecht bestehen für Land- und Forstwirtschaftliche Betriebe in einigen Bundesländern wichtige rechtliche Besonderheiten durch die dort jeweils geltende Höfeordnung (HöfeO). Dadurch soll den besonderen Anforderungen von landwirtschaftlichen Betrieben Rechnung getragen werden. Denn eine Aufteilung des Betriebes unter mehreren Erben würde häufig dazu führen, dass die Landwirtschaftliche Produktion nicht weitergeführt werden kann.
Jedoch gibt es auch Bundesländer, wie Bayern, das Saarland oder Berlin, in denen solche rechtlichen Besonderheiten nicht bestehen. Dies hat erhebliche Auswirkungen im Erbrecht. Wichtige Informationen zum Thema erhalten Sie auf dieser Seite, für eine individuelle Beratung, nehmen Sie Kontakt zu mir auf.
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Inhaltsverzeichnis:
1. Was regelt die Höfeordnung?
Nach der Höfeordnung geht ein Landwirtschaftlicher Betrieb als Ganzes im Erbfall auf einen einzigen Erben über. Dadurch wird vermieden, dass Land- und Forstwirtschaftlichen Betriebe nach dem Ableben eines Landwirtes in mehrere, einzeln nicht lebens- und wirtschaftsfähige Teile aufgesplittert wird. Eine Abweichung von dieser Vorschrift durch ein Testament des Erblassers ist nicht möglich.
Zudem bestehen weitere Einschränkungen in der Testierfreiheit, weil ein Hoferbe nicht frei bestimmt werden kann. Dieser muss zwingend nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit dazu in der Lage sein, den Hof selbstständig und ordnungsmäßig zu bewirtschaften.
Hat der Erblasser einen Abkömmling bereits mit der Bewirtschaftung des Hofes betraut oder ihn eine entsprechende Ausbildung zukommen lassen, gilt dieser als Hoferbe. Die Einsetzung eines anderen Hoferben durch Testament ist in diesen Fällen ebenfalls nicht möglich. Sofern der Erblasser keinen wirtschaftsfähigen Hoferben bestimmt hat, sieht die Höfeordnung ein komplexes Regelungsmodell vor, um den gesetzlichen Alleinerben des Hofes zu ermitteln.
Die weichenden Erben müssen sich in diesem Fall mit einer meist geringen Abfindung begnügen. Das übrige Vermögen des Erblassers, welches nicht Bestandteil des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes ist, wird nach den Regeln des BGB vererbt. Es kommt also zu einer Nachlassspaltung.
2. Wann gelten die Regelungen einer Höfeordnung?
Hierzu muss das jeweilige Landesrecht eine gesetzliche Regelung zu einer Höfeordnung vorsehen. Dies ist in den Bundesländern Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und in Teilen von Baden-Württemberg der Fall. In den übrigen Bundesländern bestehen derartige Regelungen nicht. Dort gilt das allgemeine Erbrecht des BGB.
Zudem müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen, die im Detail in den einzelnen Ländern abweichen können. So muss ein Land- oder Forstwirtschaftlicher Betrieb bestehen, der entweder im Alleineigentum eines Landwirts oder im Gemeinschaftseigentum eines Ehepaares steht. Zudem muss der Hof einen Wirtschaftswert von mindestens 10.000 Euro haben.
3. Gibt es auch steuerliche Privilegien für den Hoferben?
Auch steuerliche Privilegien sind für den Hoferben möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Im Grundsatz gelten auch bei der Erbschaft nach der Höfeordnung die Regelungen zu Erbschaftssteuer. Im Hinblick auf das geerbte Wohngebäude ist eine Befreiung von der Erbschaftssteuer nicht möglich. Jedoch kann im Hinblick auf den betrieblichen Teil des Erbes eine erhebliche Steuerbefreiung von bis zu 100 % erreicht werden.
Dies ist möglich, wenn der Betrieb über mindestens 20 festangestellte Mitarbeiter verfügt, für mindestens sieben Jahre weitergeführt wird und in dieser Zeit die Lohnsumme nicht sinkt.
Eine Steuerbefreiung von 85 % wird gewährt, wenn der Hof mit mindestens 20 Festangestellten zumindest für fünf Jahre weitergeführt wird und die Lohnsumme nach diesen fünf Jahren nicht geringer als 400 % der Ausgangslohnsumme ist. Zudem kann ein Freibetrag in Höhe von 150.000 Euro geltend gemacht werden.
Da Saisonarbeitskräfte nicht als festangestellte Mitarbeiter zählen, werden diese nicht mit berücksichtigt.
4. Wie hoch ist der Pflichtteilsanspruch der weichenden Erben?
Die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs hängt sehr stark von den jeweiligen Gegebenheiten des Einzelfalls ab. Diese ist sehr komplex und mit der Bewertung des Nachlasses nach dem BGB nicht vergleichbar.
Bei der Berechnung ihres Pflichtteilsanspruchs müssen die weichenden Erben sowie die daneben bestehenden Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmer müssen erhebliche Abstriche hinnehmen. Denn als Grundlage gilt nicht der Verkehrswert des Hofes, sondern dessen nach § 48 Bewertungsgesetz zu ermittelnder Wirtschaftswert. Dieser ist in der Regel 10 – 20 Mal niedriger als der Verkehrswert. Zudem müssen in der konkreten Berechnung weitere Zu- und Abschläge vorgenommen werden.
Durch diese erheblichen Einschränkungen soll der Zweck des Gesetzes, also der Erhalt des wirtschaftlich lebensfähigen Hofes, sichergestellt werden.
5. Was geschieht, wenn der Hoferbe den Hof veräußert?
Der Hoferbe erhält die erheblichen Privilegien vom Gesetzgeber allein zu dem Zweck, den Weiterbetrieb des Land- oder Forstwirtschaftlichen Betrieb sicherzustellen. Kommt der Hoferbe dieser Pflicht nicht nach und veräußert den Hof, entfallen daher auch seine Privilegien. Den weichenden Erben und den Pflichtteilsberechtigten wird in diesem Falle ein Anspruch auf eine Nachabfindung eingeräumt.
Ein Anspruch auf Nachabfindung entsteht, wenn der Hoferbe innerhalb von 20 Jahren nach dem Erbfall den Hof ganz oder teilweise zu mehr als 10 % veräußert, den geschützten Betrieb nicht weiterführt oder diesen herunterwirtschaftet. Für die Höhe der Nachabfindung ist entscheidend, wie viel Zeit nach dem Erbfall bereits vergangen ist. Desto weiter der Erbfall zurückliegt, desto geringer ist der Nachabfindungsanspruch.
6. Was gilt in Bundesländern, in denen keine Höfeordnung gilt?
Sofern die Höfeordnung in einem Bundesland nicht gilt, greifen ausschließlich die erbrechtlichen Regelungen des BGB. Danach kommt es darauf an, ob der Erblasser ein Testament erstellt oder einen Erbvertrag geschlossen hat. In diesem Fall bestehen bei der Errichtung eines Testaments oder eines Erbvertrages für den Erblasser die Beschränkungen aus der Höfeordnung nicht. Ist beides nicht der Fall, gilt das gesetzliche Erbrecht.
In diesen Fällen kann es deshalb zu einer Aufsplitterung des Land- oder Forstwirtschaftlichen Betriebes und somit zu deren wirtschaftlichem Untergang kommen. Landwirte, die dies verhindern möchten, sollten daher frühzeitig ein entsprechendes Testament errichten. Hierbei ist es zur rechtlichen Absicherung empfehlenswert, die Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.
Individuelle Beratung und Hilfe im Erbrecht für Landwirte
Als erfahrener Anwalt im Erbrecht helfe ich Ihnen gerne, die beste Nachlassregelung zu finden und sämtliche Dokumente rechtssicher anzufertigen. Selbstverständlich berate ich Sie in diesem Thema stets individuell und mit einem pragmatischen Blick auf sämtliche erbrechtlichen Regelungen, wie zum Beispiel den Pflichtteil oder auch steuerliche Aspekte.
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Lothar Bücherl
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