Darlehenswiderruf – BGH stärkt Verbraucherrechte
Mit einem aufsehenerregenden Urteil vom 04. November 2023 (Aktenzeichen: XI ZR 77/22) hat der BGH die Rechte von Verbrauchern, die von dem sogenannten Widerrufsjoker bei Darlehen Gebrauch machen, deutlich gestärkt. Er hat sich konkret mit der Frage auseinandergesetzt, ob Verbraucher nach einem Darlehenswiderruf auch einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung auf geleistete Zins- und Tilgungszahlungen haben.
Der Sachverhalt
Entschieden hat der BGH über zwei Darlehen, welche zur Finanzierung von Immobilien allein durch Fernkommunikationsmittel zustande gekommen sind. Diese Darlehen hatten die Kläger im Jahr 2005 mit der KfW geschlossen. Es handelte sich um ein Hauptdarlehen über 144.000 Euro sowie ein weiteres Darlehen über 46.000 Euro. Beim Abschluss des Vertrages wurden die Kläger nicht ausreichend über das nach dem EU-Recht bestehende Widerrufsrecht belehrt.
Bis zum Jahr 2016 bedienten die Kläger diese Darlehen. Im März 2016 zogen sie aufgrund der fehlerhaften Belehrung den ihnen zustehenden Widerrufsjoker und erklärten schriftlich, dass sie die beiden Darlehen widerrufen. In dem sich anschließenden Gerichtsverfahren um die Rückabwicklung der Darlehen machten die Kläger geltend, Ihnen würde eine Nutzungsentschädigung für die bisher geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen zustehen. In den ersten beiden Instanzen waren sie damit gescheitert. Die Instanzgerichte waren der Ansicht, dass Verbrauchern eine solche Nutzungsentschädigung nicht zustehen würde. Zwar würde sich ein Anspruch aus dem Wortlaut des damals geltenden § 357 BGB (alter Fassung) ergeben, jedoch habe der EuGH in einem anderen Urteil entschieden, dass aus der zugrundeliegenden EU-Richtlinie kein Anspruch auf eine solche Nutzungsentschädigung besteht.
Die Entscheidung des BGH
Mit ihrer Revision hatten die Kläger nun beim BGH in diesem wesentlichen Bereich Erfolg. Der BGH widersprach der Rechtsansicht der Vorinstanzen und entschied, dass den Verbrauchern ein Anspruch auf die geltend gemachten Nutzungsentschädigungen zustehe. Dies begründete der BGH damit, dass auch eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 357 BGB (alter Fassung) nicht dazu führen könne, dass die Regelung entgegen ihrem ausdrücklichen Wortlaut ausgelegt wird. Der Gesetzgeber hatte sich bei Schaffung der Norm ausdrücklich dafür entschieden, Verbrauchern, die einen Darlehensvertrag Widerrufen einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung einzuräumen. Diese Entscheidung dürfe nicht durch eine Auslegung im Lichte des EU-Rechts unterlaufen werden.
Keinen Erfolg hatten die Kläger jedoch, soweit sie geltend machten, der Beklagten Bank würde kein Anspruch auf Wertersatz für den zur Verfügung gestellten Darlehensbetrag zustehen. Dementsprechend kann auch die Bank von den Verbrauchern die Herausgabe des Darlehensbetrages sowie der dadurch erhaltenen Gebrauchsvorteile verlangen.
Der BGH hat den Fall daher zur Feststellung der konkreten Höhe der jeweiligen Ansprüche an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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Lothar Bücherl
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