Brauche ich wirklich einen schriftlichen Arbeitsvertrag?
Viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer fragen sich, ob es wirklich sein muss, einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu erstellen. Es ist doch ausreichend, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit erledigt und er dafür sein Geld bekommt. Wenn beide Seite zufrieden sind, ist doch alles in Ordnung. Da kommt man indes schon an die Einschränkungen. Wenn…
Was aber ist, wenn es zu Problemen kommt?
Dann hat der Arbeitgeber sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten, die er hätte, um wichtige Aspekte des Arbeitsverhältnisses zu regeln, verschenkt. Der Arbeitnehmer hat mitunter Nachweisprobleme für ihm mündlich versprochene Leistungen.
Welche Regelungen sind im Arbeitsvertrag sinnvoll?
1. Was passiert, wenn man keine Regelung zur Befristung trifft und welche Möglichkeiten gibt es?
Werden keine abweichenden Vereinbarungen getroffen, besteht das Arbeitsverhältnis generell unbefristet. Das bedeutet, dass es womöglich schwierig ist, es zu kündigen. Das kann dann zu einem Problem werden, wenn man mit dem neu eingestellten Arbeitnehmer nicht zufrieden ist. Einen einmal eingestellten Arbeitnehmer kann man unter Umständen nicht ohne Weiteres wieder kündigen. Wie man diesen kündigen kann, hängt zunächst maßgeblich von der Betriebsgröße ab.
Ihn Kleinbetrieben ist das Kündigungsschutz nicht anwendbar, der Arbeitnehmer jederzeit ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung der Kündigungsfristen gem. § 622 BGB gekündigt werden.
Ist das Kündigungsschutzgesetz jedoch anzuwenden, ist es erheblich schwieriger, einen Arbeitnehmer, mit dem man nicht zufrieden ist, zu kündigen, da die Kündigung nicht sozial ungerechtfertigt i. S. d. § 1 KSchG sein darf.
Es stellt sich also die Frage, wann das Kündigungsschutzes überhaupt anwendbar ist.
Erste Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis des zu kündigenden Arbeitnehmers länger als 6 Monate bestanden hat (§ 1 Abs. 1 KSchG). Weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ist gem. § 23 KSchG ist, dass in der Regel mehr als 10 Angestellte im Betrieb beschäftigt sind. Doch welche Arbeitnehmer wie zu berücksichtigen sind, ist nicht so ohne Weiteres zu beantworten. Bei der Bewertung sind dabei ALLE Angestellten zu berücksichtigen, auch die geringfügig Beschäftigten, nicht jedoch die Auszubildenden. Für Angestellte, deren Arbeitsverhältnis vor dem 01.01.2004 begonnen hat, gelten abweichende Regelungen.
Das Gesetz gibt dem Arbeitgeber aber die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis im Arbeitsvertrag zu befristen. Man kann das Arbeitsverhältnis gem. § 14 Abs. 2 TzBfG in den ersten 2 Jahre ohne sachlichen Grund befristet schließen. Die Befristung kann dabei innerhalb dieser 2 Jahre maximal 3-mal verlängert werden. Eine Befristung ohne sachlichen Grund ist indes nicht möglich, wenn mit demselben Arbeitgeber vorher bereits ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Hierzu ein Beispiel:
Der Arbeitnehmer wird am 01.01.2018 mit einer sechsmonatigen Befristung eingestellt. Ist man mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der sechsmonatigen Befristung zum 30.06.2018. Ist man sich nicht sicher, ob man den Arbeitnehmer nicht doch beschäftigen möchte, kann man das Arbeitsverhältnis um z. B. weitere 6 Monate bis 31.12.2018 befristen. Diesen Vorgang kann man noch zweimal wiederholen. Zu beachten ist allerdings, dass im Beispiel eine Befristung bis maximal 31.12.2020 möglich ist. Ab dem 01.01.2021 wird das befristete Arbeitsverhältnis automatisch ein unbefristetes, wenn der AN weiter beschäftigt wird.
2. Welche Auswirkung hat eine Schwangerschaft auf die Befristung eines Arbeitsverhältnisses?
Hier ist die Antwort denkbar kurz: Keine.
Denn der besondere Kündigungsschutz bei Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin bezieht sich nur auf Kündigungen. Endet das Arbeitsverhältnis jedoch aufgrund einer Befristung, liegt keine Kündigung vor. Das Arbeitsverhältnis endet daher trotz Schwangerschaft mit Ende der Befristung.
3. Wie vereinbart man eine Probezeit?
Eine weitere Möglichkeit, sich die Qualitäten eines Arbeitnehmers anzusehen, ist die Vereinbarung einer Probezeit gem. § 622 Abs. 3 BGB. Das hat den Vorteil, dass das Arbeitsverhältnis während der Probezeit von maximal 6 Monaten ohne Angabe von Gründen mit einer kurzen Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden kann. Eine Probezeit muss aber zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich vereinbart werden.
4. Wieviel Urlaub steht dem Arbeitnehmer zu?
Werden dem Arbeitnehmer, der regelmäßig an 5 Tagen in der Woche arbeitet, 30 Tage Jahresurlaub versprochen, muss er das im Streitfall nachweisen. Der für eine 6-Tage-Woche gesetzlich geregelte Mindesturlaub beträgt gem. § 3 BUrlG 24 Werktage im Jahr. Für eine 5-Tage-Woche ergibt sich somit ein Jahresurlaub von 20 Werktagen. Dieser Urlaubsanspruch steht dem Arbeitnehmer in jedem Fall zu, wenn die Voraussetzungen für das vollständige Entstehen des Urlaubsanspruchs erfüllt sind. Bestreitet der Arbeitgeber in unserem Beispiel, dass in Abweichung vom gesetzlich geregelten Mindesturlaub tatsächlich 30 Tage vereinbart worden sind, muss der Arbeitnehmer diese für ihn günstige Behauptung im Streitfall unter Beweis stellen. Findet sich eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag, ist dieser Beweis problemlos zu führen.
5. Was ist bei freiwilligen Sonderzahlungen wie Bonuszahlung, Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld?
Wenn es dem Unternehmen gut geht, kann es sein, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer daran entsprechend teilhaben lassen möchte. Der Arbeitnehmer entschließt sich daher, den Angestellten im Dezember einen Weihnachtsbonus von 500,00 € zu überweisen. Der Bonus wird mit dem Verwendungszweck „Weihnachtsbonus“ überwiesen. In den nächsten zwei Jahren ist die Situation unverändert gut und der Arbeitnehmer zahlt den Bonus erneut. Im darauffolgenden Jahr erleidet das Unternehmen einen Einbruch und der Arbeitnehmer möchte den Bonus dieses Jahr nicht bezahlen. Da die Sonderzahlungen aber drei Jahre in Folge vorbehaltlos gezahlt worden sind, haben die Arbeitnehmer ab dem vierten Jahr einen einklagbaren Anspruch auf die 500,00 € Weihnachtsbonus und zwar unabhängig davon, ob sicher der Arbeitgeber das leisten kann, oder nicht.
Hier besteht die Möglichkeit, im Arbeitsvertrag einen sog. Freiwilligkeitsvorbehalt zu vereinbaren. Dadurch stehen dann alle womöglich geleisteten Sonderzahlungen unter dem Freiwilligkeitsvorbehalt und zwar ohne, dass auch durch dreimalige Wiederholung ein Rechtsanspruch hierauf entsteht.
6. Fazit
Diese wenigen Beispiele zeigen, dass es in jedem Fall Sinn macht einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu erstellen. Das bedeutet dabei nicht, dass man der Gegenseite misstraut. Bei mündlichen Vereinbarungen kann es aber womöglich zu Missverständnissen kommen, was durch die schriftliche Fixierung der Vertragsbedingungen vermieden werden kann. Welche Regelungen im im konkreten Fall Sinn machen, ist natürlich einzelfallabhängig. Obige Beispiele sind dabei unter Umständen anders zu beurteilen, wenn ein Tarifvertrag Anwendung findet. Dabei muss man wissen, dass Tarifverträge nicht nur dann auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sein können, wenn der Arbeitnehmer Gewerkschaftsmitglied und der Arbeitgeber tarifgebunden ist, sondern auch dann, wenn ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden ist.
Unabhängig davon ist der Arbeitgeber aber gem. § 2 Abs. 1 NachwG dazu verpflichtet, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Hierbei ist wichtig, dass der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ausgeschlossen ist.
Dieser Rechtstipp wurde von Rechtsanwalt Lothar Bücherl zuerst bei Anwalt.de veröffentlicht
Lothar Bücherl
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