Verhalten im Stau – Was sagt das Verkehrsrecht?
Die Sommerzeit auf deutschen Autobahnen ist von Staus geprägt. Zum einen häufen sich die Baustellen und zum anderen sind viele Reisenden auf der Straße. Gerade bei Knotenpunkten verstärkt der Berufsverkehr zudem die Lage. Doch was muss man als Verkehrsteilnehmer im Stau eigentlich beachten?
Als Anwalt für Verkehrsrecht habe ich wichtige Regelungen für Sie in diesem Rechtstipp zusammengefasst, damit Sie sicher und ohne Punkte oder Bußgelder an Ihrem Ziel ankommen.
Vorab jedoch noch ein paar Zahlen und Fakten zum Verkehrsstau: Nach einer Berechnung des ADAC gab es allein im Jahr 2019 etwa 2.000 Staus pro Tag in Deutschland. Die Coronakrise entschärfte die Lage im letzten Jahr zwar etwas, mit insgesamt 513.500 Verkehrsstaus blieb die Statistik jedoch auch im Jahr 2020 auf einem hohen Niveau.
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Inhaltsverzeichnis:
- Ab wann spricht man von einem Stau?
- Zur letzten Abfahrt zurückfahren?
- Zur Stau-Umfahrung den Standstreifen nutzen?
- Darf ich als Motorradfahrer zwischen den Autos durch den Stau fahren?
- Ist eine Rettungsgasse Pflicht und wie wird diese gebildet?
- Darf ich im Stau das Handy verwenden?
- Darf ich im Stau das Fahrzeug verlassen?
1. Ab wann spricht man von einem Stau?
Die Gründe für das Entstehen eines Staus sind vielfältig und haben nichts mit der Bezeichnung an sich zu tun. Ein Verkehrsstau bezeichnet die Stockung des Verkehrsflusses auf einer Straße. Doch wann genau ein Stau vorliegt und wann nicht, ist nicht einheitlich definiert.
Der ADAC zählt eine Verkehrssituation als Stau, wenn sich mehrere Fahrzeuge auf einer Länge von mindestens einem Kilometer mindestens fünf Minuten lang mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich unter 20 km/h fortbewegen. Erreichen diese Fahrzeuge eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 – 40 km/h, so liegt laut dem Automobilclub kein Stau, sondern lediglich ein „stockender Verkehr“ vor.
Es ist also nicht nur der vollkommene Stillstand des Verkehrs, der als Stau bezeichnet wird.
2. Zur letzten Abfahrt zurückfahren - erlaubt oder verboten?
Ab und an ist es schon verlockend. Man erblickt stillstehende Autos und die letzte Abfahrt liegt nur wenige Meter zurück. Doch selbst wenn der hintere Verkehr es rein theoretisch möglich machen könnte, kurz zu wenden, ist dringend davon abzuraten.
Gerade auf Autobahnen ist beim Wenden immer eine erhebliche Gefahr für sich und andere Verkehrsteilnehmer gegeben. Abgesehen davon droht hierbei ein empfindliches Bußgeld in Höhe von 200 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot von einem Monat, – selbst wenn es nicht zu einem Verkehrsunfall kommt.
Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn die Polizei aufgrund einer dauerhaften Vollsperrung die Autofahrer dazu auffordert, auf der Autobahn zu wenden und die nächstmögliche Abfahrt zu nehmen. In diesen Situationen haben jedoch die Polizeibeamten bereits im Vorfeld entsprechende Verkehrssicherungsmaßnahmen getroffen, um Unfälle zu vermeiden.
3. Zur Stau-Umfahrung den Standstreifen nutzen?
Jeder Verkehrsteilnehmer, der im Stau steht, schielt wohl gerne auf den Standstreifen und möchte dort am liebsten bis zur nächsten Ausfahrt weiterfahren. Der Standstreifen auf deutschen Autobahnen ist jedoch grundsätzlich für funktionstüchtige Fahrzeuge tabu. Er ist lediglich für Pannenfahrzeuge vorgesehen. Selbst beim Bilden einer Rettungsgasse bleibt der Standstreifen frei. Wer dennoch den Standstreifen benutzt, um zur nächsten Ausfahrt oder dem nächsten Rastplatz am Stau vorbeizufahren, der muss mit einem Bußgeld in Höhe von 75 Euro sowie einem Punkt in Flensburg rechnen.
4. Darf ich als Motorradfahrer zwischen den Autos durch den Stau fahren?
Gerade für Motorradfahrer stellt ein Stau in der sommerlichen Hitze eine besondere Belastung dar. Diese erhitzen sich erheblich durch ihre Schutzkleidung und haben weder die Möglichkeit, eine Klimaanlage zu nutzen, noch während des Staus etwas zu trinken. Gleichwohl müssen Biker die gesamte Zeit über ihr Motorrad ausbalanciert halten, was auf längere Zeit gesehen eine nicht zu unterschätzende körperliche Belastung darstellt.
Dennoch ist es auch Motorradfahrern verboten, sich zwischen den stehenden Autos durch den Stau zu schlängeln. Dies gilt sowohl für das Nutzen der Rettungsgasse als auch des Standstreifens. Das verkehrsübliche Linksüberholen wäre hierbei grundsätzlich erlaubt, was im Regelfall durch die Positionierung der Verkehrsteilnehmer in der Rettungsgasse nicht möglich ist. Wie diese Rettungsgasse gebildet werden muss, darauf möchte ich im nächsten Punkt genauer eingehen. Zunächst jedoch noch die Auskunft, was einem Motorradfahrer bei Zuwiderhandlung erwartet:
Wer sich auf dem Motorrad zwischen den Autos durch den Stau schlängelt, der muss mit einem Bußgeld von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen.
5. Ist eine Rettungsgasse Pflicht und wie wird diese gebildet?
Verkehrsunfälle verursachen jährlich Tausende Staus auf Autobahnen. Gerade hier muss es schnell gehen, sodass Rettungsfahrzeuge zur Unfallstelle durchkommen und schnell an Ort und Stelle sind. Aus diesem Grund ist eine Rettungsgasse Pflicht, sobald der Verkehr ins Stocken gerät.
Die Rettungsgasse wird je nach Anzahl der Fahrspuren mit der sogenannten „2-, 3-, oder 4-Fingermethode“ gebildet. Die Fahrzeuge auf der linken Spur fahren so weit als möglich nach links. Die Fahrzeuge auf der oder den rechten Spuren fahren jeweils so weit als möglich nach rechts. Eine genaue Beschreibung finden Sie in folgender Grafik:
Wer keine Rettungsgasse bildet, dem droht ein Bußgeld von mindestens 200 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot von einem Monat. Wird durch das Versäumnis der Verkehr behindert oder gar gefährdet, steigt das Bußgeld entsprechend auf bis zu 320 Euro an.
6. Darf ich im Stau das Handy verwenden?
Sicherlich, wenn der Verkehr stockt oder komplett stillsteht, kommt oftmals auch die Langeweile. Da ist es doch verlockend, das Handy oder Smartphone in die Hand zu nehmen, um kurz zu texten oder beispielsweise bei Facebook vorbeizuschauen. Doch darf ich im Stau eigentlich mein Handy verwenden?
Solange der Motor eingeschaltet ist, ist der Griff zum Smartphone auch bei zähfließendem Verkehr oder im Stau verboten. Elektronische Geräte dürfen dann nur in der Art verwendet werden, dass diese nicht in der Hand gehalten werden und lediglich flüchtige Blicke für deren Bedienung ausreichen. Den Sender beim Autoradio wechseln oder das Telefonieren mit einer Freisprecheinrichtung ist kein Problem – eine Nachricht schreiben hingegen schon.
Steht der Verkehr still und kann der Motor abgestellt werden, kann man für diesen Zeitraum auch das Handy benutzen. Wer jedoch beim laufenden Motor zum Handy greift, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen. Kommt es durch die Handynutzung gar zu einer Gefährdung oder einem Schaden, so steigt das Bußgeld auf 150 bzw. 200 Euro und es winkt zusätzlich ein einmonatiges Fahrverbot.
7. Darf ich im Stau das Fahrzeug verlassen?
Es ist eher die Regel wie die Ausnahme. Sobald der Verkehr stillsteht, gehen die Autotüren auf und Fahrer sowie Beifahrer schauen erst einmal, ob Sie irgendwie die Stauursache erkennen. Doch Vorsicht, wer während eines Staus das Fahrzeug verlässt, der muss mit einem Verwarngeld in Höhe von 10 Euro rechnen.
Polizeibeamte können aber hier durchaus auch ein Auge zudrücken und auf Verwarngelder verzichten, was durchaus häufig bei einer Vollsperrung unter erheblicher Hitze geschieht. Verlassen darauf kann man sich jedoch nicht.
Als Ihr Verkehrsrechtsanwalt aus Regensburg wünsche ich Ihnen eine gute Fahrt ganz ohne Stau sowie das sichere Ankommen am Zielort. Sollten Sie jedoch trotzdem in einen Stau geraten, hoffe ich, dass mein Rechtstipp dazu beigetragen hat, dass Sie nun besser darüber Bescheid wissen, was man in dieser Situation beachten muss und welche Bußgelder und Strafen drohen.
Bei allen Fragen und Problemen im Verkehrsrecht, – ob Unfallregulierung, Verkehrsordnungswidrigkeiten, Bußgeldverfahren bis hin zu Fahrverboten – stehe ich an Ihrer Seite.
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Lothar Bücherl
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