Corona-Impfung: Rechte und Pflichten im Arbeitsrecht
Das Coronavirus bringt unser aller Leben stark durcheinander. Mit dem turbulenten Pandemiegeschehen stellen sich auch mehr und mehr rechtliche Fragen, die vor allem Arbeitgeber und Arbeitnehmer betreffen. In kaum zu überbietender Geschwindigkeit hat es die Pharmaindustrie geschafft, Impfstoffe zu entwickeln. Die Meinungen zu den verschiedenen Impfstoffen gehen jedoch weit auseinander - von euphorischer Impfbereitschaft bis zu totaler Ablehnung. Schon kurz nach Zulassung und dem Beginn der Impfkampagne traten zahlreiche Ungewissheiten in Bezug auf die Arbeitswelt auf:
- Kann mich mein Arbeitgeber zur Impfung zwingen?
- Muss er mich für den Impftermin freistellen?
- Sind Sonderleistungen für Geimpfte zulässig?
… sind einige der aktuellen Fragen, die ich im folgenden Rechtstipp erklären möchte.
Inhaltsverzeichnis:
- Gibt es eine Impfpflicht gegen das Coronavirus?
- Kann der Arbeitgeber seine Beschäftigten zum Impfen verpflichten?
- Was passiert, wenn der Arbeitgeber eine Impfung verlangt und ich diese ablehne?
- Sind Sonderleistungen für Geimpfte durch den Arbeitgeber zulässig?
- Impfpriorisierung: Muss mir der Arbeitgeber eine Bescheinigung ausstellen?
- Muss mich der Arbeitgeber für einen Impftermin freistellen?
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Das Wichtigste in der praktischen Zusammenfassung
- Eine Impfpflicht gegen das Coronavirus besteht aktuell nicht.
- Der Arbeitgeber kann zum jetzigen Zeitpunkt seine Arbeitnehmer wohl nicht zur Impfung gegen das Coronavirus verpflichten.
- Es ist möglich, dass Arbeitgeber Sanktionen gegen Ungeimpfte Arbeitnehmer verhängen. Gegen diese Sanktionen kann sich jeder Arbeitnehmer mithilfe eines Rechtsanwalts wehren.
- Arbeitgebern steht es frei, Sonderleistungen an geimpfte Arbeitnehmer zu vergeben.
- In Berufen mit hoher Impfpriorisierung, ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine Bescheinigung zur Beantragung eines Impftermins auszustellen.
- Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, ihre Arbeitnehmer für einen Impftermin freizustellen.
Gibt es eine Impfpflicht gegen das Coronavirus?
Nein, eine gesetzlich geregelte Pflicht gibt es aktuell nicht. Ob eine solche eingeführt wird, lässt sich aus aktueller Sicht nicht sicher sagen. Jedoch ist die Regierung bemüht, durch Privilegien für Geimpfte die Impfbereitschaft in der Bevölkerung zu erhöhen. Viele sprechen hierbei von einer „Impfpflicht durch die Hintertür“.
Kann der Arbeitgeber seine Beschäftigten zum Impfen verpflichten?
Da jedenfalls aktuell keine gesetzliche Impfpflicht besteht, ist diese Frage schwieriger zu beantworten, als es zunächst den Anschein hat. Auch eine Rechtsprechung zu dieser Frage existiert noch nicht. Letztlich kommt es auf eine Interessenabwägung an. Es ist zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Mitarbeiter, den wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers und auch dessen Schutzpflichten für Mitarbeiter, Kunden und Besucher abzuwägen.
Die Meinungen in der juristischen Fachwelt gehen bei der Bewertung dieser Frage auseinander. Auf der einen Seite ist es ein besonders schwerer Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Mitarbeiters, sich mit einem in kürzester Zeit entwickelten Impfstoff impfen zu lassen. Argumente, die hier immer wieder aufgegriffen werden, sind die bisher kaum erforschten Nebenwirkungen insbesondere der Langzeitfolgen. Auf der anderen Seite steht das Interesse, die Verbreitung des Coronavirus so gut als möglich zu vermeiden. Dies nutzt letztlich nicht nur dem Arbeitgeber, sondern soll auch dazu beitragen, einen Kollaps des Gesundheitssystems zu vermeiden.
Bei dieser Frage muss man auch zwischen verschiedenen Berufsgruppen unterscheiden. Berufsgruppen wie etwa das Kranken- und Pflegepersonal müssen hier anders bewertet werden als Tätigkeiten, bei welchen man nur wenig physischen Kontakt zu anderen Menschen hat. Gerade das Personal im medizinischen Bereich und der Pflege ist nicht nur einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Im Falle einer Infektion werden diese auch schnell durch den engen physischen Kontakt zu Multiplikatoren des Virus. Aus diesem Gesichtspunkt dürfte es gerade in diesem Bereich am ehesten wahrscheinlich sein, dass Arbeitgeber eine Impfung für die Ausübung der Tätigkeit verlangen dürfen.
Einer vom Arbeitgeber vorgegebenen Impfpflicht steht jedoch auch der Datenschutz entgegen. Dies würde voraussetzen, dass Arbeitnehmer dazu verpflichtet wären, dem Arbeitgeber Auskunft über ihren Impfstatus zu geben. Aktuell ist es Arbeitgebern jedoch nicht erlaubt, den Impfstatus ihrer Arbeitnehmer abzufragen.
Aus aktueller Sicht dürfte das Selbstbestimmungsrecht der Arbeitnehmer noch überwiegen. Dies kann sich jedoch durch weitere gesammelte Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Impfstoffe sowie deren Nebenwirkungen und mögliche Langzeitfolgen im Laufe der Zeit ändern.
Was passiert, wenn der Arbeitgeber eine Impfung verlangt und ich diese ablehne?
Verlangt Ihr Arbeitgeber, dass sie sich impfen lassen, um ihre Tätigkeit auszuführen, sie dies aber ablehnen, kann es schnell zum Konflikt kommen. Der Arbeitgeber kann zu Sanktionen wie Abmahnungen, die unbezahlte Freistellung von der Arbeit bis hin zur Kündigung greifen. Sofern mit Ihrem Arbeitgeber hierbei keine Einigung möglich ist, bleibt nur der Gang zu den Arbeitsgerichten. Diese haben dann das letzte Wort.
Sehen sie sich mit einer solchen Situation konfrontiert, sollten Sie nicht zögern und einen erfahrenen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht an Ihre Seite holen. Mit der Unterstützung eines versierten Anwalts ist die Chance, eine Einigung mit dem Arbeitgeber zu erreichen, ungleich höher. Spätestens wenn Sie Ihre Interessen vor einem Arbeitsgericht durchsetzen wollen, sollten Sie auf einen Anwalt für Arbeitsrecht nicht verzichten!
Sind Sonderleistungen für Geimpfte durch den Arbeitgeber zulässig?
Um die Impfbereitschaft zu erhöhen, locken einige Arbeitgeber mit Sonderleistungen für Geimpfte. Dies kann beispielsweise eine Sonderzahlung oder ein Tag extra Urlaub für die Impfung sein. Im Ergebnis dürfte dies arbeitsrechtlich zulässig sein.
Zwar haben Arbeitgeber nicht die Befugnis, den Impfstatus ihrer Arbeitnehmer abzufragen. Jedoch dürfte es Arbeitgebern nicht verwehrt sein, Sonderleistungen wie Prämienzahlungen an Arbeitnehmer zu vergeben, welche sich freiwillig impfen lassen und dies dem Arbeitgeber nachweisen. Denkbar ist auch eine solche Sonderleistung nicht als Prämie, sondern als Aufwandsentschädigung für den mit der Impfung verbundenen Aufwand des Mitarbeiters.
Da es sich hierbei um eine Sonderleistung handelt, stellt dies auch keine Benachteiligung von ungeimpften Arbeitnehmern dar.
Muss der Arbeitgeber in Berufen mit hoher Impfpriorisierung eine Bescheinigung für die Impfung ausstellen?
Ja, wer sich impfen lassen möchte und zu einer Berufsgruppe gehört, welche vorrangig geimpft wird, der kann von seinem Arbeitgeber eine entsprechende Bescheinigung verlangen, um sich für einen Impftermin anzumelden. Eine solche Pflicht ist zwar gesetzlich nicht direkt geregelt, resultiert aber aus dem Rücksichtnahmegebot des Arbeitsvertrags.
Muss mich der Arbeitgeber für einen Impftermin freistellen?
Ein Impftermin ist zu behandeln wie ein üblicher Arzttermin. Diese sind regelmäßig soweit als möglich in die Freizeit zu legen. Im aktuellen Fall jedoch werden die Termine von den Behörden vorgegeben. Der Arbeitnehmer hat daher nicht die Möglichkeit, seinen Termin entsprechend zu beeinflussen. Daher muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei Aufrechterhaltung der Vergütungspflicht für den Termin freistellen, wenn die Regelung des § 616 BGB nicht im Arbeitsvertrag ausgeschlossen ist. Es ist Arbeitgebern jedoch auch möglich, ihren Arbeitnehmern für einen Impftermin freiwillig freizustellen oder ihnen einen Tag Sonderurlaub für die Impfung zu gewähren.
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Lothar Bücherl
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